Landung am Flamingo Airport. Das pinke Flughafengebäude signalisiert einem sofort, dass man tatsächlich in der Karibik gelandet ist. Ebenso der warme Wind, der einem beim Aussteigen um die Ohren weht. Eine unkomplizierte Passkontrolle wie in alten Zeiten. Die Zeit tropft langsam dahin auf Bonaire. Bunte Häuser, kakteenbestandene Hügel, leuchtend türkises Meer, Papageien, rosa und hellgrüne Salzpfannen, weiße Salzberge, Flamingos und ein unglaubliches Korallenriff, das die ganze Insel umgibt.
Man taucht individuell auf Bonaire, ohne strikten Zeitplan und ohne Guide - obwohl es natürlich auch möglich ist, sich durch einen solchen begleiten zu lassen. Es gibt ein paar große "Tauchfabriken" auf der Insel, den wirklichen Charme machen aber die kleinen Tauchbasen aus, von denen es dutzende gibt. Meist suche ich mir am Morgen lediglich aus, ob ich nach Norden oder nach Süden fahre und bleibe dann bei jenen Tauchplätzen stehen, die mich spontan ansprechen. Der berühmte Ausspruch des mittlerweile verstorbenen Captain Don, dem Initiator des Bonaire Marine Park und dem Begründer des Tauchtourismus auf Bonaire, "Bonaire's fortune lies under water", trifft auch heute noch zu. Ein Pelikan stößt neben mir ins Wasser, während ich mir, im hüfthohen türkis spiegelnden und leuchtenden Nass, die Maske aufsetze. Perlenkofferfische begleiten mich das erste Stück des Weges, ich liebe diese kleinen Kreaturen mit ihrer ulkigen Tracht. Kalmare variieren ihre Farbe und bewegen sich vor und rückwärts, Weichkorallen wiegen sich in der leichten Strömung während die ersten pinken Schwämme meinen Abstieg mit Farbenpracht begleiten. Eine Schildkröte paddelt nach oben. Nach dem ersten Riff und einer Sandfläche mit einer Unzahl an Röhrenaalen folgt das zweite Riff. Der gesamte Süden Bonaires verfügt über ein solches Doppelriff, wobei die meisten bis zum zweiten nicht gelangen. Ein Tarpun reflektiert das Sonnenlicht. Ich versuche das Seepferdchen wiederzufinden, erweise mich aber als halbwegs orientierungslos und kann den Sichtungsort nicht mehr auffinden. Mir scheinen erst wenige Minuten vergangen zu sein, doch schon zwingt mich das Finimeter wieder nach oben. Morgen werde ich einen hässlichen, aber außergewöhnlichen kleinen Unterwasserbewohner von Bonaire aufsuchen, der im seichteren Wasser direkt vor der Hafenpromenade residiert. Einen Kurznasenfledermausfisch. Denken Sie nun nicht an die eleganten, diskusförmigen, grauen Fische aus dem Indopazifik oder dem Roten Meer. Der Kurznasenfledermausfisch ist ein ganz anderes Kerlchen, ein "Armflosser", der auf seinen "Händen" geht und überhaupt sehr abstrus anzusehen ist ("sieht aus wie ein Chicken Wing", hatte ein befreundeter Tauchguide konstatiert). Der Reichtum an unterseeischen Bewohnern ist unendlich in Bonaire (und manchmal findet man unter Wasser auch ein "Chicken Wing").
Im Norden erstreckt sich das Gotomeer mit seinen Flamingos, der Washington Slagbaai Nationalpark mit seinen kakteenbestandenen Hügeln, schroffen Felsen, zahmen sowie gierigen Eidechsen und Iguanas (neben Autodieben, die zweite Kategorie von Dieben auf Bonaire), der seltenen Gelbschulteramazone und vielen anderen Vögeln. Im Süden finden Sie hingegen die flachen Salzpfannen in den unirdischsten Farben - von rosa bis hellgrün. Eine Klasse für sich sind die Riffe um Klein Bonaire, die nur mit dem Boot angefahren werden können. Dass auf Klein Bonaire noch kein Hotel steht, ist im Übrigen Hans Hass zu verdanken, der den geplanten Bau eines solchen verhindern konnte.
Wenn sich dann der Abend über die kleine karge Insel in der Südkaribik senkt, weiß ich, dass man den Nummernschildern Glauben schenken sollte, die da behaupten, es handle sich um ein "divers paradise".
Jänner 2016, März 2016, Dezember 2016/Jänner 2017