Raja Ampat

 

 

 

Weicher, warmer Regen fällt auf das Blätterdach des Dschungels als unser Boot kurz nach Mittag am Steg des Kri Eco Resort anlegt. Während eines mir endlos erscheinenden Resort Briefings beobachte ich die Tropfen, wie sie auf die Blätter fallen, kleine Rinnsaale bilden und schließlich auf den Boden klatschen. Palmgedeckte Holzhütten auf Pfählen säumen einen schmalen, weiß schimmernden Strand, dahinter dichter Dschungel, der feucht und warm den dahinterliegenden Hügel hinaufkriecht. Ein Waran spaziert unter dem Steg hindurch, der zur Tauchplattform führt, wo die Tauchboote festgemacht sind. Wir bekommen einen der beiden Bungalows am Steg zugeteilt, den wir mit einer ganzen Armada von kleinen Geckos teilen, die - wie sich später herausstellen sollte - äußerst eigenartige Ernährungsgewohnheiten haben.

 

Einer der ersten Tauchgänge führt uns zum Sauwandarek Jetty (nicht zu verwechseln mit dem Arborek Jetty) im Heimatdorf einer unserer Guides, der kaum von anderen Basen oder Safarischiffen betaucht wird. Dort finden sich Wände voller Fisch, Süßlippen, Doktorfische, Barrakudaschwärme, Fledermausfische, Schildkröten und Napoleons. Unten in der sandigen Talsohle finden sich dutzende kleine Pygmäenseepferdchen auf rosa Korallen, ein Wobbegong liegt unbeeindruckt im Getümmel und lässt sich teilnahmslos ablichten. In den folgenden Tagen besuchen wir sie alle, die berühmten Tauchplätze: Melissa‘s Garden, The Passage, Manta Sandy, Mioskon, Blue Magic, Sardine Reef, Cape Mansuar, Mike‘s Point und unsere „Hausriffe“ (1-2 Bootsminuten entfernt) Cape Kri und Sorido Wall. Allesamt wie ein bunter, wirrer Traum: Man weiß kaum, wohin man den Blick zuerst wenden sollte. Hier Wolken von Füsilieren über rosa Korallen, dort ein Pygmäenseepferdchen, darunter kriecht eine neonfarbige Schnecke über den Boden, daneben paddelt eine Schildkröte. Mantas gleiten elegant über unsere Köpfe, viel größer als jene, die ich von den Malediven her kenne. Bei einem Nachttauchgang entdecke ich den endemischen Raja Ampat Epaulette Shark, auch Walking Shark genannt. Geisterpfeifenfische (Harlekin, Halimeda und Seegrasgeisterpfeifenfische) verstecken sich unter Riffblöcken, während Oktopusse und Sepien auf die Jagd gehen.

 

Immer noch werden in Raja Ampat regelmäßig neue Arten entdeckt, zuletzt etwa unter anderem eine große Stachelrochenart.

 

Die Reichweite der Tauchboote des Resorts, die übrigens allesamt in Papua handgefertigt werden (ebenso wie die ressorteigenen Kajaks), reicht von den Fam Islands, bis um die Insel Gam herum bis zu The Passage und den in unmittelbarer Nähe gelegenen Plätzen wie Blue Magic, Cape Kri und Mike‘s Point. Wayag hätte ich persönlich gerne gesehen, dazu muss man aber wohl doch auf einem Safarischiff einchecken. In der Basis selbst werden ausschließlich Dive Guides aus Papua beschäftigt. Auf die Unterstützung der lokalen Bevölkerung wird großer Wert gelegt. Die Vogelbeobachtungstouren werden etwa von Dorfgemeinschaften durchgeführt, die auch den Erlös daraus erhalten.

 

Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass meine Zimmer-Geckos Coca Cola süchtig sind (kaum reiße ich die Dose auf verlieren die niedlichen Koffein Junkies jegliche Scheu, springen auf die Dose während ich sie noch in der Hand halte und lecken begierig jeden Tropfen ab). Und als ich dann noch herausfinde, dass die kleinen Kerlchen verrückt nach Schokolade sind, ist es um mich geschehen, ich bin ganz verliebt in die kleinen Reptilien und wir feiern gemeinsam regelrechte Zuckerorgien.

 

Ebensowenig scheu zeigen sich die Fische am ressorteigenen Jetty, wo ich sogar angeknabbert werde, während ich die manuellen Einstellungen an meiner Kamera übe. Das Hausriff direkt am Jetty wurde von einem Sturm heimgesucht (so wurde es mir zumindest gesagt), weist aber zwischen Trümmerflecken noch immer sehr schöne Stellen auf, wobei es das meiste - wie fast immer - direkt unter dem Steg zu sehen gibt. Ein Oktopus turnt zwischen den Balken der Plattform und beobachtet mich, wie ich mich mit den erst jüngst erlernten manuellen Kameraeinstellungen abplage (und ich könnte schwören, ich habe ihn kichern gesehen).

 

Ein Geheimtipp ist Raja Ampat längst nicht mehr, mittlerweile gibt es 60-80 Safarischiffe in der Gegend. An den bekannten Tauchplätzen sehen wir manchmal 4-5 Liveaboards. Der Tauchmassentourismus ist wohl auch in Raja Ampat angekommen. Es gibt mittlerweile Bestrebungen und diesbezügliche Gespräche in der lokalen Verwaltung, Moorings für die Safarischiffe zu installieren, weil es naturgemäß alles andere als riffschonend ist, wenn 60 Safariboote täglich Anker werfen.

 

Dennoch scheue ich mich nicht davor, Raja Ampat als das Paradies auf Erden für uns Taucher zu betiteln, eines der artenreichsten Gebiete der Erde mit einer Dichte an Fisch, die ich so noch nirgends gesehen habe. Drei Mal dürfen Sie raten, wo die Anfangssequenz aus der Serie Unser Blauer Planet II für die Folge Coral Reefs gedreht wurde...

 

 

April 2018

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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© Christine Rauter