Farasan Banks

 

 

Zweiter Tauchtag, Morgen-Tauchgang am Long Reef: Unter uns wuchern Wiesen voller rosa Weichkorallen über denen reger Verkehr herrscht. Fische in allen Formen und Farben gehen ihren morgendlichen Aktivitäten nach, flache gelbe Scheiben, Kügelchen, kofferförmige Wesen sausen geschäftig über das rosarote Feld. Ein silber glänzender Schwarm Großaugenmakrelen zieht aus der Tiefe einen Bogen herauf und überspannt das Riff für einige Momente wie eine silberne Brücke. Wir kreuzen ins Blauwasser hinaus, ein Tigerhai schwimmt in einiger Entfernung vorbei, kurz darauf überholen uns zwei Hammerhaie von hinten (die Letzten werden die Ersten sein, denke ich mir etwas schadenfroh, ich bin wie meistens das hinterste Mitglied im Tauchergeschwader). Etwas weiter oben umkreisen uns zwei Seidenhaie, wir kehren an das Riff zurück, wo einige Weißspitzenriffhaie in den sandigen Tälern zwischen Weichkorallenbüschen ruhen. Eine Schildkröte stutzt den allzu üppigen Bewuchs, hier herrscht rege Tätigkeit am Morgen. Während des ganzen Tauchgangs höre ich das Geschnatter von Delfinen und beim Sicherheitsstopp umringt uns dann die neugierige Gruppe, nachdem sie von einer Schildkröte abgelassen haben, die sie zuvor wie einen Fußball hin – und hergeschubst hatten (was  durchaus einen Abzug von Sympathiepunkten bringt).

 

Auch die Tauchgänge um Mubarak und Shaab Ammar bringen Seidenhaie, graue Riffhaie, einen weiteren Hammerhai und Weißspitzenriffhaie. Dazu Makrelenschwärme, Barrakudaschwärme, Büffelkopfpapageifische. Angesichts der vielen spektakulären Sichtungen ist mein Gedächtnis bald überladen und ich kann die Tauchgänge in meiner Erinnerung nicht mehr voneinander unterscheiden.

 

Im Gedächtnis eingeprägt hat sich dann aber wieder der Tauchgang um Choppy Island, bei dem Seescheiden in bizarren Formen und verschiedensten Farben wie herabtropfendes Kerzenwachs von Korallenbüschen hängen. Die Guides behaupten, es handle sich um Schwämme, ich glaube aber gelesen zu haben, dass es sich bei den eigenartigen Gebilden um Seescheiden handelt.

 

Auf den kleinen mit Büschen bewachsenen Inselchen ziehen sich dutzende Spuren von Schildkröten, die ihre Eier abgelegt haben, in Richtung Wasser.

 

Delfine umringen fast ständig unser Boot im seichten, türkisen Wasser als wir in der Mitte eines ovalen Riffs ankern, in das der Kapitän in Präzisionsarbeit durch einen winzigen Kanal eingefahren ist.

 

Die See ist die ganze Woche spiegelglatt, erst am letzten Tag schäumt der Wind das Meer auf, sodass Sessel und sonstige Möbelstücke aufgrund des Wellengangs angebunden werden müssen und mir mein Magen wieder ins Gedächtnis ruft, dass ich an sich für ein Leben am Boot nicht geschaffen bin.

 

Erst wenige Tauchschiffe kreuzen hier, die Ausführungen der Guides, wie viele Boote demnächst hier her überstellt werden sollten, machen mich überglücklich, auch dieses paradiesische Gebiet noch „rechtzeitig“ betaucht zu haben.

 

 

März 2024

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© Christine Rauter