Mombasa

 

 

 

Nach einer Odyssee, um überhaupt eine Tauchbasis zu finden, die mit mir taucht, sitze ich auf einem splitternden Holzkahn mit stotterndem Motor, dem man ein Gestänge für ein Sonnendach verpasst hatte, das man dann allerdings nie angebracht hatte, mit einer Gruppe von Dive Master Trainees aus Uganda. Nach einer jeden Tag wieder mühseligen Anfahrt, wenn das Wasser endlich hoch genug gestiegen war, erreichen wir Shark Point an der äußeren Seite des Riffs. Salomon, einer der Dive Master Trainees, ein großes, dürres Gerippe, ist mit 15 kg Blei behängt. Auf meinen fragenden Blick erklärt er "I am a floater". Was immer er mache, er poppe wieder an die Oberfläche. Ein anderer lacht und sagt "And I am a sinker". Unter Wasser erweist sich die Wahrheit der eben gesprochenen Worte. Alle Teilnehmer des Dive Master Kurses lassen sich offenbar in die Kategorie "floater" oder "sinker" einordnen. Einige poppen nach oben wie ein Sektkorken, die anderen sausen mit Lichtgeschwindigkeit dem Grund entgegen. Ihrem Ausbildner würde der Schweiß auf der Stirn stehen, wenn das unter Wasser möglich wäre. Ich bekomme kaum noch Luft vor Lachen. 

 

Shark Point ist eines der hübscheren Riffe in der Umgebung. Tatsächlich ziehen einige Weißspitzenriffhaie vorüber. Ein paar Muränen lugen aus dem Fels, meine geliebten Netzmuränen gibt es hier zu Hauf. Ärgerlich ist die nicht endende Dünung, die mir jeden Tauchgang vermiest und die das Fotografieren unter Wasser so gut wie unmöglich machte. Kaum hat man fokussiert, reißt einen die Dünung schon wieder weg und man findet sich 10 Meter weiter rechts, nur um 30 Sekunden später wieder 10 Meter weiter links zu sein. Plattwürmer flattern elegant im eher trüben Wasser über den schlammigen Boden.  Zurück an Bord verspreche ich den Jungs ein Unterwasser-Foto bei einem der nächsten Tauchgänge.

 

Bei den nächsten Tauchgängen sichten wir die üblichen Verdächtigen des Indischen Ozeans, eine Karettschildkröte am Tauchplatz Green Turtle, die sich wohl in der Adresse vertan hatte, Skorpionsfische, Napoleons, Doktorfische und doch recht viele Schnecken. Korallenbleiche und vor allem Überfischung mögen aber neben der ärgerlichen Dünung nicht verschwiegen werden, auch diese Phänomene mussten wir leider bei jedem Tauchgang besichtigen. Das Unterwasser-Foto der Dive Master Trainees hat sich dann übrigens als unlösbare Aufgabe erwiesen, ein einziges Foto der Gruppe existiert, wo nur ein einziger Taucher fehlte (ein "sinker" war mir nach unten davongesaust). Es entkamen immer ein paar nach oben (die "floaters") oder nach unten (die "sinkers"), sodass wir es nicht schafften, alle auf einer Höhe für ein Foto zu positionieren. Ohne Zweifel eine der lustigsten Gruppen, mit denen ich je getaucht bin. Die Jungs wurden übrigens nicht ausgebildet, um als Dive Master im Tourismus zu arbeiten, sondern als Berufstaucher in einem See in Uganda (was da genau gearbeitet wird, habe ich nicht mitgekriegt, lediglich, dass sie in großer Tiefe auf ca. 60 Meter arbeiten werden).

 

Das Pauschaltourismus-Kenia nervt übrigens gewaltig: Trauben von Verkäufern, die mich mit einer Aufdringlichkeit umringen, die mit Freundlichkeit nicht mehr das Geringste zu tun hat, wenn ich am Strand entlang zur Tauchbasis stapfe, die käuflichen Burschen, die bereits am Hotelzaun lauern und mit denen man regelrechte Rechtfertigungsdebatten führen muss, warum man alleine wohin gehe sowie die Tauchbasen, die, so unverlässlich sie sonst auch sein mögen, mit absoluter Verlässlichkeit für bestenfalls mittelmäßige Tauchgänge das höchste Entgelt verrechnen, das ich je für einen Tauchgang bezahlt habe ( jaja, die "Naturschutzgebühr"). Ich habe dieses Gefühl nicht oft, aber hier stinkt es nach Abzocke aus allen Ritzen der nur mittelmäßig sauberen Pauschalhotels.

 

Und doch war ich am Ende versöhnt. Ich habe nämlich eine Safari gemacht. Und zwar nicht in einer Gruppe, sondern ganz allein mit einem Guide. Und da war es, das Afrika meiner Träume. Die endlose rote Steppe, die Tierherden, die Ruhe im Camp, durchbrochen nur von Tiergeschrei, die Paviane, die jeden Stromausfall im Camp (der auch die elektrische Umzäunung außer Betrieb setzt) für eine Blitzdurchsuchung jener Stellen des Camps nutzen, an denen sie Lebensmittel vermuten, die Elefantenherden, die über das himmelblauüberspannte weite Grasland ziehen, Löwen, die träge im Schatten unter Bäumen liegen und in schillernden Farben glänzende Vögel.

 

Am Ende der Safari bin ich in einer solchen Hochstimmung, dass ich beschließe, auch dem Tauchen in Kenia  irgendwann noch einmal eine Chance geben zu wollen, irgendwo weit weg vom Pauschaltourismus. Ich hoffe, so etwas gibt es, in Kenia...

 

 

Oktober 2016

 

 

 

 

 

 

 

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© Christine Rauter